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Beitrag vom 19.10.2009
Randi Tytingvaag - Red
Tatjana Zilg
Norwegen hat schon einige großartige Jazzsängerinnen auf den internationalen Musikmarkt entsendet. Nun lenkt die 31jährige Sängerin und Komponistin mit einer brillanten Kollektion an ...
... exquisiten Songs erneut die Aufmerksamkeit auf das nordische Land.
"It is brilliant from start to end. A mix of jazz, tango and cabaret style in the right Kurt Weill spirit" lobt der Dagsavisen, eine renommierte Tageszeitung aus Oslo, das aktuelle Album von Randi Tytingvaag.
Silje Nergaard, Beady Belle und Rebekka Bakken sind einige Namen aus der Gilde der norwegischen Jazz-Interpretinnen, die einen europaweiten Bekanntheitsgrad erlangt haben. Randi Tytingvaag reiht sich hier mühelos ein, auch wenn sie es sich durch die Beibehaltung ihres zungenbrecherischen Nachnamens nicht leicht macht. Dies gleicht sie durch einen Stil aus, der Eigenwilligkeit beweist, dabei aber stets eingängig, einprägsam und ausgesprochen hörenswert bleibt.
Ihre reichhaltigen Kompositionen werden von einem Ensemble aus Piano, Akkordeon, Cello und Kontrabass umgesetzt. Roter Faden aller elf Songs ist die Anlehnung an die Tradition der amerikanischen Jazz-Klassiker und an die Dramatik anspruchsvoller Broadway-Musicals.
Elegante Nuancen erreicht sie durch die Einbindung von ungewöhnlichen Elementen wie argentinischem Tango und chinesischem Falsett.
Das bewirkt eine elegante Grundstimmung, die durch die vielseitigen Ausflüge in angrenzende Gebiete nie zu gediegen herüberkommt. Richtungsweisend ist der Opener "RED Or Dead", zu dem bereits ein Video gedreht wurde. Ein edles Ambiente sorgt hier dafür, dass der Song seine volle Größe entfalten kann. Die charmante Musikerin zeigt sich im roten Abendkleid, umgeben vom Kerzenlicht in einem behaglich antik eingerichteten Wohnzimmer. Die Lyrics beschreiben eine geheimnisvolle, selbstbewusste Frau. Eindringlicher Bass, melodramatisches Piano und erkundungsfreudiges Akkordeon und Cello betonen ihre Ausstrahlung und lassen eine gewisse Krimi-Atmosphäre entstehen. Weitere Suspense-Momente stellen sich auch bei den folgenden Songs ein. So sorgt in "Quiet Noise" ein schnelles, von Tango-Rhythmen inspiriertes Wechselspiel zwischen Akkordeon und Kontrabass für prickelnden Nervenkitzel, wie sonst von den AutorInnen des Nachbarlandes Schweden gewohnt. Inhaltlich geht es um die Wichtigkeit, an Hoffnungen und Träumen festzuhalten. Durch die temperamentvolle Inszenierung werden alle Selbstzweifel rasch hinweggefegt.
Mit augenzwinkerndem Humor präsentiert die Jazz-Liebhaberin den Cole-Porter-Klassiker "My Heart Belongs To Daddy", der durch eine von Marilyn Monroe eingesungene Version weltberühmt wurde. Tagesaktuellem Zeitgeist begegnet Randi Tytingvaag in "Big In China", denn das asiatische Riesenland ist durch die Frankfurter Buchmesse 2009 in aller Munde. Auch der Song verfügt über epische Qualitäten. In einer Art Mini-Novelle wird von einem Jungen erzählt, der nach einem Erfolgs-Höhenflug mit dem plötzlichen Abstieg zurechtkommen muss. Randi´s Gesang nähert sich hier gekonnt an die chinesische Falsett-Kunst an, ohne dass der Gebrauch der englischen Sprache stört. Die Verbindung von Jazz und chinesischer Tradition gewinnt so einen besonderen Reiz.
Weiterhören auf AVIVA-Berlin: Rebekka Bakken, Silje Nergaard und Beady Belle
AVIVA-Tipp: Wer sich diesen elf Songs hingibt, wird schnell verstehen, warum die begabte Musikerin in Norwegen schon seit längerem sehr beliebt und alles andere als ein Geheimtipp ist. Reichhaltige Kompositionen und rauchig-samtener Gesang ziehen die Aufmerksamkeit auf ganz natürliche Weise in den Bann. Viele kleine und große Raffinessen lassen das Album bei jedem Hören erneut zu einem lohnenswerten Genuss werden. "Red" wird sicherlich lange in unmittelbarer Nähe zum CD-Player liegen, bevor es seinen Ehrenplatz im Regal erhält.
Randi Tytingvaag
Red
Label: Ozella Music, VÖ Oktober 2009